Eva Heer von Evatextet.de fragt in ihrer Blogparade „Welches Sachbuch möchtest du schreiben?“ Diese Frage stelle ich oft Menschen, die mich ansprechen und mir sagen, dass sie schon lange davon träumen, ein Buch zu schreiben. (Manchmal geht es natürlich auch um Romane für Erwachsene oder Kinderbücher.)
Aber ich habe die Frage noch nie für mich selbst beantwortet. Ich habe schon Sachbücher für Kinder geschrieben und auch schon einige Fachtexte. Aber Eva fragt: „Was ist dein Thema und warum liebst du es?“
Tja, was ist mein Thema? Ich sage meistens etwas schwammig „Storytelling“. Darum dreht sich bei mir alles. Oder ich sage „Geschichten in Büchern, Coaching und Marketing“. Aber bei meinen Profilen in den sozialen Medien schreibe ich meistens: „Durch Geschichten Gott und die Welt besser verstehen“. Das steht auch auf meiner Website und eigentlich trifft es das ganz gut.
Geschichten in Büchern und Filmen
Geschichten haben mir als Kind geholfen, meine Welt zu deuten. Ich habe vieles nicht verstanden und war mit dem Alltag oft überfordert. Geschichten bieten eine Tür zu einem Schutzraum, in dem man sich eine Zeit lang ausruhen und Kraft schöpfen kann.
Aber sie bieten auch Lösungsansätze. Wenn Bastian am Anfang in der unendlichen Geschichte in den Müllcontainer gesteckt wird, leide ich mit ihm. Wenn er am Ende mit dem Drachen durch die Luft fliegt, fühle ich die Freiheit, die neu entsteht. Das eröffnet mir neue Möglichkeiten. Auch in meinem eigenen Alltag.
Was ich mir vorstellen kann, kann ich auch umsetzen, wie Gerald Hüther sagen würde.
Mit diesem Prinzip arbeitet auch die Psychotherapeutin Verena Kast und das ist auch das Prinzip der Märchentherapie, die von Gudrun Böteführ entwickelt wurde.
Spieglein, Spieglein an der Wand
Ich habe zwar die Ausbildung gemacht, aber ich habe keine Zulassung als Heilpraktikerin. Deshalb biete ich keine Therapie an, aber ich nutze die Methoden und Konzepte für Coaching und Beratung.
Der Mittelpunkt dabei sind die Geschichten und die Kraft von inneren Bildern. Ich erzähle Märchen und wir machen eine Traumreise und bewältigen die Probleme auf der symbolischen Ebene. Denn wenn wir Märchen gehört haben, können wir uns danach gut in der Sprache der Geschichten austauschen. Diese Sprache ist eine symbolische.
Viele Pädagoginnen fordern immer wieder, dass wir Kindern Märchen erzählen, um die Entwicklung ihrer Vorstellungskraft und ihrer Bindungsfähigkeit zu fördern. Neben (dem Gehirnforscher) Gerald Hüther sind das zum Beispiel Bruno Bettelheim, Angeline Bauer und die Religionspädagogin Felicitas Betz.
Gudrun Böteführ kombiniert in ihrer Arbeit Erkenntnisse von C.G. Jung und die Ideen zur Entwicklung in Stufen von Rudolf Steiner. So können wir in der Arbeit mit Klientinnen nicht nur auf der symbolischen Ebene Probleme lösen und Ängste abbauen, sondern auch spielerisch die Entwicklung der Märchenhelden nachvollziehen. Wie ging es Schneewittchen damit, dass ihre Stiefmutter eifersüchtig auf sie war? Wie geht es dir in deiner Familie? Wie werden die Herausforderungen von den Menschen in den Märchen bewältigt? Wie wird der Drache besiegt? Wofür könnte der Drache in meinem Leben stehen? Was macht mir eine Riesenangst?
Die vier Ohren
In der Ausbildung zur Kommunikationstrainerin nach Schulz von Thun habe ich dann psychologische Konzepte wie zum Beispiel das der ‚vier Ohren und vier Schnäbel‘ kennengelernt und geübt. Mein Lieblingsmodell ist während der Fortbildung ‚das innere Team‘ geworden. Während meiner Abschlussarbeit habe ich dann ‚das Innere Team‘ mit dem Wissen aus meiner Ausbildung zur Märchentherapeutin zusammen gebracht.
In der Gruppe haben wir uns jeweils ein Lieblingsmärchen vorgenommen und untersucht, mit welcher Rolle wir uns zu verschiedenen Zeitpunkten in unserem Leben identifiziert haben könnten. Diese Überlegungen haben uns einige erhellende Erkenntnisse gebracht. In uns steckt eben nicht nur Rotkäppchen sondern manchmal vielleicht auch ein bisschen Wolf.
Wer Ohren hat, der höre
Ich bin Theologin und so gehören auch biblische Geschichten seit Jahrzehnten zu meinem täglich Brot. Einige Jahre hatte ich sogar einen Schwerpunkt darin, Geschichten frei zu erzählen und das freie Erzählen auch zu unterrichten. Über Religion, also über Gott und die Welt, lässt es sich am besten in Geschichten reden. Deshalb ist die Bibel voll von ihnen. Diese Geschichten haben alle existenzielle Themen und deshalb kommen sie wie die Märchen nicht aus der Mode. Es gibt seit Jahrtausenden Rivalität zwischen Geschwistern, unerfüllte Liebe, Trauer um den Tod geliebter Menschen. Und wir werden über diese Themen solange reden, wie die Erde sich dreht und Menschen auf ihr leben.
Wem hilft das Wissen um die Kraft der Geschichten?
Geschichten haben Lösungen für alle Lebenslagen. Deshalb ist die Frage eher: wem helfen sie nicht? Ich denke, das sind Menschen, die sich allein auf ihren Intellekt verlassen und mit ihrem Unterbewusstsein nichts zu tun haben wollen. Und Menschen, die kein Interesse daran haben sich zu verändern und möchten, dass alles so bleibt, wie es immer war.
Alle anderen finden in Geschichten Ideen für ihr Leben, Lösungen für ausweglos scheinende Situationen und Mut für den ersten Schritt in einen dunklen Wald. Dadurch wächst die Kraft für die Veränderung. Das Leben besteht daraus, seinen eigenen Weg zu finden.
Alles ist stets im Fluß. Geschichten können Wegweiser sein und helfen, das eigene Zögern oder Straucheln zu verstehen und dann ein inneres Bild zu entwickeln, wie der nächste Schritt aussehen könnte. Räume ich den Stein auf dem Weg zur Seite oder hüpfe ich darüber?
Was hält dich davon ab, dieses Sachbuch zu schreiben?
Das Thema ist sehr groß und es braucht einen Fokus, um ein Buch zu werden. Geht es um Geschichten in der Begleitung von Kindern? Geht es um Geschichten, die auf Social Media und im Marketing helfen, deine Ideen zu illustrieren? Geht es um Geschichten in der Trauerbegleitung oder um Geschichten, die im Coaching bei großen Lebensentscheidungen helfen? Geht es um Geschichten, die Mut machen oder um Geschichten, die helfen zur Ruhe zu kommen?
All diese verschiedenen Bereiche sind es wert, ausführlich erzählt zu werden. Aber all diese verschiedenen Bereiche haben eine ganz unterschiedliche Zielgruppe.
Wenn ich mit Menschen über ihre Buchideen spreche, dann frage ich irgendwann: für wen ist dein Buch?
Da ich das für mein Thema noch nicht entschieden habe, kann ich das Buch auch noch nicht schreiben. Aber irgendwann wird es sich zeigen.
Oder ich fange einfach mal mit einem Aspekt an. Und nehme mir dann ein Thema nach dem anderen vor. Vielleicht wird es nicht nur ein Sachbuch sondern eine ganze Reihe? Wer weiß…