„Das Geheimnis des Spiegelmachers“ ist nicht das erste Kinderbuch, das ich geschrieben habe. Aber es ist die erste Geschichte, die ein Buch geworden ist. Es ist der Roman, der mir die Tür in eine neue Welt geöffnet hat.
Ich war von Anfang an in das Thema verliebt: was passiert, wenn wir von unseren Träumen besessen sind und dabei die Grenzen überschreiten: Die Grenzen des Machbaren. Die Grenzen anderer Menschen.
Und was ist der Preis, den wir selbst dafür bezahlen müssen?
Dieses Thema passt für mich zu dem europäischen Kolonialismus im 16. und 17. Jahrhundert. London und Amsterdam schienen mir die perfekten Schauplätze. Sie waren Ausgangspunkt für unzählige Forschungs- und Handlungsreisen.
Ich bin dann nach Amsterdam gefahren und bin kreuz und quer durch die Stadt gelaufen, habe die Museen durchstreift und unzählige Fotos von alten Gebäuden und Gemälden gemacht.
Dabei erfährt man auch so touristische Fun Facts wie die Behauptung, dass alle Grachten, die Amsterdamer Wasserwege, zu je einem Drittel aus Wasser, Schlamm und Fahrrädern bestehen.
Amsterdam hat mich sehr beeindruckt und ich wollte unbedingt darüber schreiben und bald mal wiederkommen und durch die Straßen streifen. Zuhause habe ich dann zu den Gilden, Kaufleuten und Seefahrern und Schiffstypen noch weiter recherchiert. Die vielen Fotos aus den Museen haben mir dabei geholfen, die Themen auszuwählen.
Die Geschichte planen: den Plot entwickeln
Beim Recherchieren habe ich parallel angefangen, den Plot der Geschichte zu planen. Welche Figuren spielen ein große Rolle? Welche müssen vorkommen, um die Handlung voranzutreiben und wen brauche ich, um eine bestimmte Seite einer Hauptfigur zu zeigen?
Zu dieser Zeit habe ich einen Schreibkurs bei Rainer Wekwerth belegt. Rainer hat mir in seinem Emailkurs die ganzen Plotaufgaben in kleine Häppchen zerlegt und so war ich nie überfordert.
In einer Woche sollte ich eine Hauptfigur erfinden und beschreiben, in der nächsten dann den passenden Gegenspieler, später weitere Figuren und Handlungsstränge.
Die Geschichte schreiben und überarbeiten
Nach drei Monaten habe ich unter das Plotten und Recherchieren erstmal einen Schlusstrich gezogen und angefangen zu schreiben. Beim Schreiben hat sich wenig am Plot geändert und nach 9 Monaten hielt ich eine Geschichte in den Händen, die ich unbedingt weitererzählen wollte. Abenteuer, Freundschaft, Neugier und Vertrauen spielten neben den Hauptfiguren eine wichtige Rolle.
Auch schon im Jahr 2011 hieß es, dass Romane mit historischem Schauplatz es im Kinderbuch sehr schwer haben würden. Mit Rainers Hilfe habe ich trotzdem eine Agentur gefunden, die es mit dem Stoff versuchen wollte. Ich bekam einige Anmerkungen geschickt und überarbeitete die Geschichte.
Nach der Frankfurter Buchmesse bekam ich die Nachricht: Der Coppenrath Verlag wollte die Geschichte im Herbst 2014 veröffentlichen. Ich war überwältigt! Ich dachte, jetzt ist der wichtigste Schritt geschafft und mein Kindheitstraum wird wahr: Ich kann Kinderbücher schreiben und in einen Leuchtturm ziehen. (Spoiler: Mit einer Veröffentlichung ist leider noch nicht der große Sprung in ein Leben als Vollzeitautorin geschafft. Aber das ist eine andere Geschichte.)
Zunächst begannen die Überarbeitungen mit meiner Lektorin Isabelle Ickrath von Coppenrath. Hier und dort gab es noch einen Rechtschreibfehler oder eine Szene, die meine Lektorin nicht überzeugte. Dann wurde das Manuskript in einem zweiten Durchgang von Alexandra Baisch auf Herz und Nieren geprüft, von Sabine Conrad gesetzt und die letzten Worte gestrichen, damit die Geschichte auch auf Buchseiten super aussieht.
Aufregend waren dann auch die Mails mit den Coverentwürfen von Max Meinzold. Ich fand sie superschön und war total verzaubert. Später sagte mir mal ein Jugendlicher in einer Buchhandlung, die Zeichnungen auf dem Cover seien seiner Meinung nach eher für jüngere Kinder. Deshalb stellte er das Buch zurück ins Regal. Er war 12 Jahre alt und somit genau meine Zielgruppe. Ein wichtiger Hinweis für mich! Das Cover funktionierte für ihn nicht, obwohl ich es zauberhaft fand.
Der Coppenrath Verlag entschied sich dann noch, Zeichnungen für den Innenteil in Auftrag zu geben. Sie sind von Laurence Sartin.
Fehler und Freuden
Ein großes Highlight war der Tag, als der Verlag ein Paket mit Belegexemplaren schickte. Ich konnte mein Buch in den Händen halten und die ersten Exemplare verschenken. Das war großartig!
Toll war auch der Tag, als die Verlagsvorschau kam: Der Katalog des Coppenrath Verlags, in dem alle Neuerscheinungen abgebildet waren. Und mittendrin mein Buch mit dem bezaubernden Cover von Max und einem kleinen Autorinnenfoto von mir. Verrückt!
Dann gab es im Internet auf einer Plattform eine Leserunde für Erwachsene. Ich war ganz aufgeregt, was sie mich fragen würden und las ihre Gedanken zu den verschiedenen Teilen des Buchs. Aber irgendwie waren alle mehr Smalltalk und Interaktion gewohnt und beschwerten sich, dass es so ruhig war. Einzelne schrieben mir dann Mails und erzählten aus ihrem Leben und ich war in einer Zwickmühle. Ich war zu der Zeit Pastorin einer Kirchengemeinde. Sollte ich die Anfragen wie normale Seelsorgeanfragen behandeln? Das hätte ich gerne, aber damit war ich überfordert. Ich bekam meine Arbeit und die kleinen Kinder kaum unter einen Hut und hatte seit Monaten nicht mehr an meiner neuen Geschichte geschrieben.
Also löschte ich meine Social Media Accounts. Leute waren von meiner Leserunde enttäuscht und ich wusste nicht, wie ich ihnen hätte gerecht werden können.
Aber dann habe ich in ein paar Schulklassen gelesen und habe mein Buch wieder ins Herz geschlossen. Es ist ein richtiges Abenteuerbuch geworden und ein toller Anlass, mit den Schülerinnen und Schülern über ihre eigenen Geschichten und über ihre Träume zu reden.
Das ist für mich mit Abstand das Schönste am Bücher machen: Vorlesen dürfen und dann mit Kindern über meine und ihre Geschichten quatschen.
Mein Kinderbuch im Fernsehen
Ein großes Highlight war auch, als ich dann später mein Buch im Fernsehen gesehen habe. Ein Junge hatte es zu seinem Lieblingsbuch erkoren und bei der Finalrunde des deutschlandweiten Vorlesewettbewerbs daraus vorgelesen. Das hat mich riesig gefreut.
Es hat dann sehr geschmerzt, als die Nachricht kam, dass es keine zweite Auflage geben wird. Die restlichen Exemplare werden dann verramscht, also an Antiquariate abgegeben. Denn der Lagerplatz für Bücher ist auch für Verlage sehr teuer. Ich habe noch einige Exemplare hier liegen, die ich ab und zu unter den Menschen verlose, die meinen Newsletter abonniert haben.
Ein besonderes Highlight hatte ich dann während der Pandemie. Eine 18jährige schrieb mir über Facebook, dass sie in dieser schwierigen Zeit Halt findet, wenn sie ihre Lieblingsbücher liest. Eines davon war der Spiegelmacher. Sie versank in der Welt von Nik, Benthe, Luuk und Elli geworden ist und sie stellte sich vor, was die vier Abenteurer:innen noch erleben könnten. Die schönste Nachricht, die man bekommen kann, oder?
Das Geheimnis des Spiegelmachers ist nur noch antiquarisch zu bekommen. Zum Beispiel hier.