Mein zweites Kinderbuch war eine Premiere in vielerlei Hinsicht. Ich habe zum ersten Mal einen Text für ein Bilderbuch geschrieben, ein Pappbilderbuch sogar, und ich habe zum ersten Mal einen Auftrag vom Verlag bekommen, anstatt mich mit einem Thema zu bewerben.
Nachdem mein erstes Buch „Das Geheimnis des Spiegelmachers“ fertig lektoriert war, lud mich meine Lektorin nach Münster in den Verlag ein. Ich durfte mir die wunderschönen Räume am Kanal anschauen und wir haben über das Thema und den Schauplatz für einen zweiten Roman gesprochen. Ich hatte drei Ideen vorbereitet und meine Kombination aus Paris und Erfindergeist hat überzeugt.
Während dieses Besuchs habe ich auch Kolleginnen aus anderen Abteilungen kennengelernt und mit einer Kollegin aus dem Geschenkbuch geplaudert. Wir haben uns über beliebte Geschenke bei Taufe und Konfirmation ausgetauscht. Es war ein sehr schöner Tag.
Einige Wochen später rief mich eine Lektorin aus dem Bereich der christlichen Bilderbücher an und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, einen Titel in diesem Bereich zu schreiben. In der Erklär mir-Reihe wollte sie als Nächstes etwas zur Taufe machen. Wir telefonierten lange und überlegten, wie das Buch aufgebaut werden sollte. Wieviel Historisches brauchte es? Wie könnte eine geistliche Handlung wie die Taufe in Wort und Bild erklärt werden?
Es hat sehr viel Spaß gemacht, die Bälle hin und her zu werfen und wir beschlossen: wir wollten dieses Buch gerne zusammen machen.
Bei diesem Buch habe ich sehr viel gelernt. Der Text bei einem Buch für Kinder ab 2 Jahren ist sehr begrenzt. Die Sätze müssen kurz sein und jedes Wort sollte unverzichtbar sein oder gestrichen werden. Wir haben sehr viel telefoniert und diskutiert. Immer wieder hat sie mir die Zielgruppe vor Augen geführt, während ich natürlich als Theologin überlegt habe, was im Zusammenhang mit der Taufe unverzichtbar ist.
Dazu kam das Denken in Doppelseiten, das ich noch gar nicht gewohnt war. Meine Lektorin plante die Bilder im Kopf mit. Das eine könnte eine durchillustrierte Doppelseite werden, das andere Bild sollte kleiner werden, so dass noch Vignetten, kleine Illustrationen, am Rand platziert werden konnten. Ich war noch nicht gewohnt, Bilder mitzudenken. Das lerne ich immer noch.
Die Szenen müssen zum Beispiel wechseln von Doppelseite zu Doppelseite. Denn sonst könnte die Illustratorin Kerstin M. Schuld ja immer nur das Gleiche zeichnen. Niemand wollte sehen, wie die gleiche Familie einfach nur ein ganzes Buch lang vor dem Taufbecken in einer Kirche stand.
Irgendwann waren alle Entscheidungen getroffen und der Text stand. Ich bekam die Skizzen zu sehen und durfte auch die finalen Zeichnungen vor dem Druck noch einmal anschauen. Natürlich macht es keinen Sinn, dass ich meinen Senf zu den Zeichnungen gebe, weil ich keine Ahnung von Illustration habe. Das liegt immer in der Hand der Lektorin und der Illustratorin. Aber ich war in diesem Fall die Expertin für das Setting und tatsächlich war mir aufgefallen, dass die Illustratorin alle Kerzen in der Kirche rot gefärbt hatte. Ich rief meine Lektorin an und teilte ihr mit, dass alle Kerzen in der Kirche immer weiß waren. Es sei denn, sie brennen auf dem Adventskranz. Wahrscheinlich wäre es niemandem aufgefallen, aber mir sind solche Details wichtig. Die Lektorin und die Illustratorin sahen das auch so und die Farbe wurde geändert.
Aus diesem kleinen Projekt ist mein erfolgreichstes Buch geworden. Es ist schon in mehreren Auflagen erschienen und ich bekomme immer wieder Nachrichten von Pfarrerinnen aus anderen Bundesländern, die dieses Buch gerne zur Taufe verschenken.
Es gibt auch Kritik an diesem Buch, weil die Geschichte eine sehr heteronormative Familie zeigt und das in den meisten Regionen Deutschlands natürlich nicht die Realität abbildet. Aber der Verlag entwickelt sich da weiter und mit jedem Buch, das wir zusammen machen, werden die Illustrationen diverser.
Fun Fact: Die Entwicklung dieses „kleinen“ Pappbilderbuchs hat ein Jahr gedauert. Immer wieder haben wir die Texte hin und her geschickt, Anmerkungen gemacht und überarbeitet. Führt wirklich eine Seite zur Nächsten? Kommt das Geheimnisvolle der Taufe trotzdem gut rüber? Sind genug Fakten erklärt, damit das Sachbuch auch Sinn macht, um das Thema zu verstehen? Ist die Sprache für das Alter der Kinder angemessen?
Zum Vergleich: „Das Geheimnis des Spiegelmachers“ mit 360 Seiten habe ich auch in einem Jahr geschrieben.
Kleine Bücher haben es ganz schön in sich.
Das Buch ist mittlerweile in mehreren Auflagen erschienen und im lokalen Buchhandel erhältlich. Du kannst es im Internet auch im Autorenwelt Shop oder bei Amazon und allen anderen Onlinebuchhandlungen bestellen.