In den Gemeinden, in denen ich Pastorin war, wurde das Martinsfest groß gefeiert. Es gab Aufführungen der Geschichte und einen großen Laternenumzug mit Pferd und Reiter. In der Kindertagesstätte wurden vorher Martinsgänse aus Hefeteig gebacken und die Lieder einstudiert.
In der evangelischen Kirche gibt es keine Verehrung von Heiligen, aber manche Geschichten sind einfach zu schön, um sie nicht zu erzählen.
Eine davon ist die Geschichte von Martin von Tours.
Nach dem Nikolaus habe ich die Geschichte von Sankt Martin für den Coppenrath Verlag nacherzählt. Die Illustrationen sind von Daniele Fabbri. „Die Geschichte von Sankt Martin“ ist mein drittes Bilderbuch.
Ich starte bei einer Heiligenlegende immer mit einer Recherche. Dazu gehe ich ganz altmodisch in eine theologische Bibliothek.
Denn nur hier kann ich mir einen Überblick verschaffen und dann immer tiefer in die Recherche einsteigen und Quellen prüfen. Ich lese erst Bekanntes über die Biografie in einem dicken theologischen Lexikon und prüfe, was gut belegt ist und was eher später hinzugefügt wurde.
Manchmal kommt aber auch von diesen wenig belegten Geschichten etwas in meinen Text, denn es ist einfach zu schön, um es nicht zu erzählen. Die Gänseszene ist zum Beispiel nicht gut mit Quellen belegt, aber sie zeigt so gut, wie bodenständig Martin war und dass er mit den Hierarchien und den Ämtern der Kirche eigentlich nichts zu tun haben wollte. (Das kannst du natürlich auch anders interpretieren. Bei historischen Personen nehme ich, was ich finde und mache mir selbst ein Bild. Ich kann ja keinen fragen, der dabei war und mir die Fakten deuten kann.)
Bei Martin habe ich viel mehr Belege zu seinem Leben gefunden als bei Nikolaus. Sein Interesse für die Natur hat mich sehr fasziniert und ich wollte es gerne in den Vordergrund stellen. Martin hat tatsächlich ein Kloster gegründet und außerhalb der Stadt gewohnt. Mit dem Prunk und dem Gewusel in einer Stadt wollte er anscheinend nichts zu tun haben.
Besonders ist auch die Geschichte mit dem geteilten Mantel. Sie wird bei allen Büchern über Martin auf dem Cover gezeigt. Wir haben sehr lange über das Cover gesprochen und ich bin sehr glücklich darüber, dass Danielle Fabri einen Bettler zeigt, der nicht auf dem Boden kauert. Die beiden Männer stehen einander gegenüber. Geben hat hier nichts Herablassendes.
Wie bei den Bilderbüchern zu Weihnachten und Nikolaus wünschte sich meine Lektorin, dass die Geschichte in einem legendenhaften Ton nacherzählt wird. Ich habe einen ersten Entwurf gemacht und dann mit meiner Lektorin über die Aufteilung der Seiten gebrütet. Das ist immer eine knifflige Sache. Es soll auf jeder Seite etwas Spannendes gezeigt werden, damit das Umblättern Freude macht. Der Text darf nicht das erzählen, was das Bild sowieso schon zeigt, und soll einen schönen Bogen ergeben. Von der ersten bis zur letzten Seite. Wir schicken uns die Vorschläge hin und her und telefonieren immer wieder, bis der Text auf die Seiten verteilt ist und alle zufrieden sind.
Dann wird der Text ins Italienische übersetzt und an Daniele Fabbri geschickt, der zuerst Skizzen anfertigt und mit dem Verlag bespricht. Nach den Skizzen kommen die Reinzeichnungen und ich kann in einem pdf sehen, wie das Buch aussehen wird. Ein spannender Moment!
Dann muss ich noch einige Wochen oder auch mal zwei oder drei Monate warten, bis ein kleines Paket vor meiner Tür steht.
Ein wunderbarer Moment ist es, die Bücher in den Händen zu halten. Sie sind sehr schön gemacht und das Papier fühlt sich besonders an. Ich vergesse immer, wie das heißt, aber die Farbe wird von dem Papier aufgesogen und dringt da richtig ein. Deshalb hat es eine offene Oberfläche und glänzt nicht. Ich finde es richtig schön.
Falls du also etwas mehr über Martin erfahren möchtest, dann schau dir doch mal an, wie ich die Legende nacherzählt habe.
Du findest das Buch „Die Geschichte von Sankt Martin“ im lokalen Buchhandel und natürlich auch online bei Amazon oder im Shop der Autorenwelt.