Was meine Ukulele mit dem Schreiben zu tun hat

20 Stunden sollen reichen, um etwas Neues zu lernen. Egal, was es ist. Josh Kaufman behauptet es jedenfalls in seinem TED Talk „How to learn anything“. Man sagt, es braucht 10.000 Stunden, um etwas Neues zu lernen und gut zu beherrschen. Das ist eine frustrierende Vorstellung. Und es hält viele Menschen davon ab, überhaupt anzufangen

Aber schon mit 20 Stunden kannst du einen riesengroßen Schritt vorwärts machen, wenn du weißt, wo du anfangen sollst. Dafür hat Josh 4 Schritte entwickelt und ich habe sie mit meiner Ukulele getestet:

1. Bestandsaufnahme

Im ersten Schritt empfiehlt Josh Kaufman: „Deconstruct the skill“.

Ich mache also eine Bestandsaufnahme: Was kann ich schon? Was ist mein Ziel? Welche Schritte bringen mich dahin?

Im Januar 2023 wollte ich 4 Wochen lang auf einem Schiff sein und über den Atlantik segeln. Musik gehört für mich wie das Schreiben zum Leben dazu und ich konnte mir nicht vorstellen, vier lange Wochen darauf zu verzichten. Deshalb schien mir eine Ukulele eine gute Möglichkeit zu sein. Was musste ich dafür lernen?

  • Die verschiedenen Arten der Ukulele recherchieren und ein Instrument auswählen und kaufen
  • Die Namen der Saiten lernen (G, C, E, A)
  • Die Ukulele mit Saiten bespannen und mit einem Stimmgerät stimmen können
  • Die ersten 5 Akkorde mit der linken Hand greifen: C, G, Em, F, D, Dm
  • Mit der rechten Hand die Saiten anschlagen lernen und 2 verschiedene Schlagmuster beherrschen

2. einen Lernplan machen

Ich habe mir drei Hefte gekauft. Eines zum Ukulele lernen (für Anfängerinnen) und zwei zum Thema Fingerpicking. Ich habe mir auch einen Ukulele Onlinekurs und einen Onlinekurs über Musiktheorie ausgesucht. Außerdem habe ich ein paar YouTubevideos gespeichert, die ich zum Üben verwenden wollte.

Aber wo fange ich an? Denn Josh warnt davor, zu viele Bücher zu lesen. Statt dessen sollte man nur so viel lernen, dass man sich selbst korrigieren kann. Er nennt es „Lean enough to self-correct“.

Alles sichten und ein Curriculum erstellen

Vaughn Gene hat ein Video darüber gemacht, was die Herausforderungen sind, wenn man sich etwas selbst beibringen will, anstatt es in einer Schule oder Uni zu lernen. Er schlägt vor, dass man sich alles, was man zum Lernen hilfreich findet, in einem Curriculum organisiert. So ist es leichter, dran zu bleiben und nicht immer wieder von Angeboten und Material abgelenkt zu werden.

Dafür organisiert er sich alles (Bücher, Videos, Onlinekurse) in Kategorien und legt eine Übersicht an. Er erstellt sich also selber einen „Kurs“ bzw. einen Fahrplan, um das zu lernen, was er lernen möchte.

Auch sein wichtigster Tipp ist, dass es nicht Unmengen an Ressourcen braucht. Denn ein gutes Video kann dich für Wochen oder Monate beschäftigen: Wir lernen die meisten Skills nicht durch das Anschauen von Videos sondern erst durch die Anwendung, durch das eigene Üben. Und das braucht Zeit und sehr viele Wiederholungen.

So weit die Theorie. Es ist aber eine umfangreiche Aufgabe, so ein Curriculum zu erstellen. Und es erfordert einen Überblick über das ganze Thema. Wenn ich noch nicht verstanden habe, was Akkorde sind, kann ich mir keinen Plan machen, welche ich lernen will. Weil ich nicht weiß, wofür ich sie brauchen könnte.

Das ist ein guter Grund, erst einmal nach Herzenslust zu stöbern und sich wahllos und ohne Beschränkung in das Thema einzulesen und zu sammeln, was es alles gibt. Eine herrliche Aufgabe! Ich liebe diese Phase 🙂 Ich finde, sie sollte zu den 4 Schritten von Josh hinzugefügt werden.

Wenn du alles gesichtet hast, lege dir eine Übersicht an, zum Beispiel in einem Google Doc oder Notion oder einer Tabelle. Nun kannst du loslegen.

3. Ablenkungen vermeiden

Josh nennt den dritten Punkt „Remove practice barriers“. Alles, was uns vom Üben abhalten kann, also das Internet, Fernseher, etc. muss aus dem Weg geschafft werden.

Das ist ein schwieriger Punkt. Wie soll das gehen? Der Alltag ist wahnsinnig voll und ich will immer gerade 20 Dinge gleichzeitig tun und lernen. Und ich kann nicht mein ganzes Haus ausräumen, um keine Ablenkungen zu sehen. Schließlich ist das Internet auch auf meinem Handy und das ist immer in meiner Hosentasche.

Ich habe aber irgendwo mal gelesen, dass es hilft, die Gitarre auf einen Ständer zu stellen. Wenn du Gitarre lernen möchtest und sie immer erst aus ihrer Tasche holen musst (die auf dem Kleiderschrank liegt), dann ist es schwerer. Die Hürde ist größer, sie in die Hand zu nehmen.

Das leuchtet mir ein. Ich nehme mir vor, die Ukulele für einen Monat ohne Tasche auf das Sofa zu legen.

Für manche Menschen funktioniert das Belohnen sehr gut. Wenn du dazu gehörst, dann lege dir in deinem Kalender oder Bullet Journal einen Habit Tracker an und belohne dein Lernen jeden Tag mit einem Glitzersternchen oder eben dem entsprechenden Haken, den du in der Tabelle setzen darfst.

Mit hat geholfen, dass einer meiner Söhne angefangen hat, Gitarre zu üben. Wir haben uns auf ein paar Lieder geeinigt und sie dann jeden Abend nach dem Abendessen einmal durchgespielt, bis wir beide sicherer im Greifen der Akkorde geworden sind. Wenn ich keine Lust hatte, stand er mit seiner Gitarre vor mir und andersherum. Das war eine große Motivation, auch wirklich jeden Abend zu üben.

4. 20 Stunden Ukulele lernen

Und so hat es geklappt! Ich habe eine Ukulele gekauft und gelernt, die Saiten aufzuziehen und die Ukulele zu stimmen. Ich konnte die Akkorde spielen und einige Lieder begleiten.

Ich habe mir einen großen Seesack gekauft, in den ich die Ukulele stecken konnte. Und dann habe ich mitten auf dem Atlantik Ukulele gespielt und mit den anderen Frauen an Bord gesungen.

Mein Ziel: Mitten auf dem Atlantik Ukulele spielen und singen.

Das hat sehr viel Spaß gemacht. Aber vor meiner nächsten großen Reise möchte ich noch mehr Akkorde spielen können und Fingerpicking und eigene Lieder schreiben und…. Deshalb habe ich mir überlegt, was ich in den nächsten 20 Stunden mit meiner Ukulele lernen möchte und mache mir jetzt einen neuen Plan.

Was möchtest du lernen?

Was auch immer du lernen möchtest. Du bist wahrscheinlich nur 20 Stunden davon entfernt, einen riesigen Schritt vorwärts zu kommen!

Wenn du Schreiben lernen möchtest und nicht weißt, wo du anfangen sollst, dann kannst du diese 4 Schritte von Josh Kaufman anwenden.

Auch nach all den Jahren, in denen ich regelmäßig schreibe, lerne ich immer wieder Neues dazu. Wenn ich mir zum Beispiel ein neues Genre erschließen will, dann suche ich Bücher, Kurse und Interviews von Menschen, die in diesem Genre schon lange unterwegs sind und lerne von ihnen.

Diese Methode der vier Schritte für 20 Stunden Üben eignen sich besonders für Perfektionistinnen, die vor einem großen Berg von Wissen stehen und gar nicht mit dem Üben anfangen, weil sie wissen, dass es nicht sofort perfekt sein wird. Aber in diesem Fall muss es das auch gar nicht.

Du darfst nämlich nicht beim Konsumieren und Zuhören stehen bleiben. Das Wichtigste ist, dass du dann auch all die Ideen anwendest und herausfindet, was für dich funktioniert. Das geht nur durch Schreiben! Aber nichts perfektes. Sondern schreiben, um zu üben. Schreiben, schreiben, schreiben! Oder spielen, spielen, spielen. Und dabei Spaß haben, weil alles erlaubt ist. Das ist der Anfang. Und der darf Spaß machen!

Bei der Ukulele und beim Schreiben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hier findest du mehr zum Thema

Antoinette Luehmann 6

Die 10er Regel

In kreativen Prozessen gibt es immer wieder einen Moment, wo du feststeckst. Dann brauchst du die 10er Regel, um keine Schreibblockade zu bekommen.

Weiterlesen »

Minutennovelle

Manchmal sind deine Projekte zu groß und du kommst einfach nicht weiter. Gib dann nicht auf. Mach eine kreative Fingerübung. Schreib eine Minutennovelle.

Weiterlesen »
error: Content is protected !!