Minutennovelle

Manchmal sind Projekte zu groß für den Alltag

Manchmal sind Projekte groß, und deine Ansprüche wachsen jeden Tag. Dann kommst du irgendwann an den Punkt, an dem es keinen Schritt weiter geht. Nichts ist originell genug, klug genug, gut genug. Das ist der Punkt, an dem viele aufgeben und Ideen ungeschrieben in der Schublade verschwinden. Bleib dann nicht stehen. Mach eine kleine Lockerungsübung für Finger und Geist. Schreib zum Beispiel eine Minutennovelle.

Unordnung im Kopf Antoinette Lühmann

Erfunden hat die Minutennovellen der ungarische Schriftsteller und Dramatiker István Örkény.

Oder vielleicht müsste man eher sagen, er hat sie entdeckt. Denn nach seinen Aussagen hat er die Texte als Lockerungsübungen geschrieben. 

In seinen Kurzgeschichten schildert Örkény das Alltägliche, das Banale, führt dieses aber regelmäßig ins Absurde. Gleichzeitig wird der Leser herausgefordert, weiterzudenken, da die Minutennovellen oft mit einem offenen Ende versehen sind, das zum Weiterspinnen der Geschichte anregt.

Wikipedia

Zutaten für eine Minutennovelle sind also:

  • Etwas Alltägliches
  • Etwas Absurdes
  • Ein Ende, das nicht abschließt, sondern als Bild stehen bleibt und zum Weiterdenken einlädt


Ich habe mich an einem Donnerstag vor zwei Wochen zum ersten Mal an dem Format Minutennovelle versucht.

Ich saß auf einem Holzstuhl unter einem Baum und hatte mein Notizbuch auf dem Schoß. Ich kaute auf dem Ende meines Bleistiftes und überlegte, ob ich wohl jemals etwas Absurdes schreiben könnte. Ich schaute über die Wiese vor mir, dachte an die Notizen und Morgenseiten in meinem Notizbuch. Plötzlich war das erste Bild da. Ich notierte es und schrieb dann meine erste Minutennovelle. Und dann noch eine. Und noch eine. Sieben absurde Geschichten. Ich habe dieses kleine Werk liebevoll „Die Woche“ genannt. Aber ich werde es wohl nicht veröffentlichen. Ich könnte auch nie eine Lesung dazu machen. 

Denn ich pruste und bekomme keine Luft mehr, wenn ich versuche, es vorzulesen. Die Tränen laufen mir die Wangen hinunter. Ich weiß, es ist etwas peinlich, es zuzugeben. Aber ich finde diese Texte richtig lustig und wenn ich sie lese, höre ich nicht mich selbst, sondern leide mit den Hauptfiguren und lache mich über die Absurdität ihrer Situation kaputt.

Minutennovelle schreiben mit Antoinette Lühmann

Aber ich würde Euch eine Minutennovelle als Beispiel zur Verfügung stellen. Als Anregung sozusagen.

Aber wenn Ihr sie nicht lustig findet, dann sagt es mir nicht. Schreibt lieber eine eigene. 

Montag

An einem Montag im Mai war der Himmel gestreift und ein Marienkäfer beschloss, sich auf der Bundesstraße das Leben zu nehmen. Seine Angehörigen richteten eine würdevolle Beerdigung aus. Sie stießen auf das Leben an und verfluchten die Streifen am Himmel, die das Fass zum Überlaufen gebracht hatten.


Sie stießen auf das Leben an und verfluchten die Streifen am Himmel, die das Fass zum Überlaufen gebracht hatten.

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